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Regierungskrise in EcuadorSchuld sind immer die anderen

Ralf Pauli
Kommentar von Ralf Pauli

Statt zu seiner Sparpolitik zu stehen, wendet Präsident Moreno Gewalt an und macht sich aus dem Staub. Leider hat das in Südamerika Tradition.

In der Hauptstadt Quito protestieren EcuadorianerInnen gegen Morenos Sparpolitik Foto: Carlos Garcia Rawlins/reuters

D a sind sie wieder, die Bilder, die ein südamerikanisches Land wie eine Bananenrepublik aussehen lassen: Eine Regierung macht das Gegenteil dessen, was sie im Wahlkampf verspricht. Die Unzufriedenheit mündet in Massenprotesten. Ein Präsident schickt knüppelnde Sicherheitskräfte, verhängt eine Ausgangssperre, flüchtet aus der Hauptstadt – und schwafelt vom Putschversuch mit ausländischer Hilfe.

Was derzeit in Ecuador zu beobachten ist, hat in Südamerika leider eine lange Tradition. Ähnlich wie zuletzt Argentinien bekommt das Andenland den harten Bruch von linker Umverteilungs- zu neoliberaler Sparpolitik zu spüren. Weil Ecuadors Präsident Lenín Moreno einen Milliardenkredit vom Internationalen Währungsfond (IWF) möchte, hat er weitgehenden Reformen zugestimmt.

Und diese Reformen treffen – wen sonst? – vor allem die ärmeren indigenen Bevölkerungsschichten, die Morenos Vorgänger Correa noch massiv entlastet hatte. Doch nun sollen unter anderem die Subventionen für vergünstigtes Benzin wegfallen. Das hatte Präsident Moreno vergangene Woche angekündigt und damit die Proteste ersten ausgelöst.

Immer ist der politische Gegner Schuld am Chaos – das Muster ist in Lateinamerika bekannt

Dass die Ecuadorianer*innen nicht die neoliberale Sparpolitik ihrer Regierung bezahlen möchten, leuchtet ein. Dass sich Präsident Moreno aber aus der Verantwortung für den ersten Toten und die bisher rund 70 Verletzten der Polizeigewalt stiehlt, hingegen nicht. Stattdessen macht er, ohne mit der Wimper zu zucken, seinen Amtsvorgänger – und dessen angeglichenen Komplizen Venezuela – für den Aufruhr verantwortlich. Immer ist der politische Gegner Schuld am Chaos – dieser Reflex mündet zwangsläufig in einer Gewaltspirale, mit immer heftigeren und blutigeren Protesten. Siehe Venezuela oder Nicaragua.

Besser wäre es, Moreno würde politisch zu seinen Reformen stehen und sie ehrlich als das benennen, was sie sind: eine Umverteilungspolitik von unten nach oben.

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Ralf Pauli
Redakteur Bildung/taz1
Seit 2013 für die taz tätig, derzeit als Bildungsredakteur sowie Redakteur im Ressort taz.eins. Andere Themen: Lateinamerika, Integration, Populismus.
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3 Kommentare

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  • Ich habe eine große angeheiratete Familie in Ecuador und ein wenig Feedback.



    Es ist nicht abwegig, Correa zumindest mitverantwortlich zu machen.



    Er agitiert aus seinem belgischen Exil und möchte bei den nächsten Wahlen wieder antreten.



    Dabei sind ihm ein paar Korruptionsprozesse (mit entsprechendem Haftbefehl) im Weg.



    Correa hat zugegebenermaßen viel positives im Land bewirkt. Er ist aber im Laufe seiner 10-Jährigen Amtszeit als Präsident immer selbstgerechter geworden und war umgeben von vielen korrupten "Mitarbeitern" - Nicht zuletzt der Vize "Glas" und Odebrecht sei hier genannt.



    Auch ist man daran, Correa selber Korruption nachzuweisen. Am vergangenen 08. Oktober sollte ein Prozess stattfinden. Wegen der Unruhen wurde der Prozess vertagt.



    In der Zwischenzeit stürmen die Demonstranten von der Straße das Rechnungsprüfungsamt.



    Nicht das Parlament, nicht das Regierungsgebäude, nein das Rechnungsprüfungsamt!



    Und setzen es in Brand.



    Sollten da etwa Beweise vernichtet werden? Und wenn "Ja" wem nutzt es?



    Fakt ist: Correa hat eine Umverteilung zugunsten der Armen eingeleitet (was ich sehr begrüße). Er und seine Clique hat sich dabei aber schamlos selber bereichert.



    Die Wohltaten waren "auf Pump" finanziert unter der Annahme eines bleibend hohen Ölpreises; der wichtigste Exportartikel aus Ecuador, welcher einen Großteil der Staatseinnahmen ausmacht.



    Nun ist seit 2014 der Ölpreis ziemlich abgerutscht (Fracking in den USA sei Dank).



    Damit hat das Land Verbindlichkeiten, welche es nicht mehr bedienen kann.



    Moreno hat im Endeffekt gar keinen Gestaltungsspielraum mehr.



    Er muss neoliberale Sparmaßnahmen durchdrücken, oder dem Land droht der Staatsbankrott. Das ist eine Situation, welche er von der Vorgänger-Regierung geerbt hat.



    Es ist auch irrsinnig, dass man dort Benzin & Diesel subventioniert.



    Davon profitieren vor allem die Reichen. Stattdessen sollte man lieber die Armen direkt unterstützen und nicht pauschal Treibstoff subventionieren.

  • = OTTO RAMON SONNENHOLZNER

  • ( Einschätzung aus Ecuador )

    Moreno wird zurücktreten müssen.



    Es ist vollkommen abwegig, Correa und Maduro für die Lage verantwortlich zu machen. Vizepräsident Sonnenleitner wird übergangsweise bis zu Neuwahlen übernehmen.



    Eine Militärdiktatur wird es nicht geben.